Der Altmarkt in Löbau - die Visitenkarte der Stadt

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Er ist schon etwas Besonderes – der Altmarkt in Löbau. Einheimische bemerken es kaum, doch Gäste sind da aufmerksamer. Staunend bleiben sie stehen. Sie bewundern das imposante Rathaus sowie die weitläufige, durch Barock- und Bürgerhäuser geprägte Bebauung. Dass der Platz sein Aussehen wesentlich einer Katastrophe verdankt, ahnen dabei die Wenigsten.

Vom Oppidum zum Altmarkt

Zeichnung: Arnd Krenz

Foto: Peter Emrich / Löbaufoto

Der Altmarkt Löbau ist nicht nur Mittelpunkt der Stadt, sondern ihr Ursprung schlechthin. Als ihn zu Zeiten des Přemysliden Ottokar I. am 24. Juni anno 1221 eine Urkunde erstmals erwähnte, lag er sicher noch offener auf dem Plateau über dem Flüsschen Löbau. Oppidum Lubaw hieß der Ort, den sich böhmische Herrscher einstmals zum Handelsplatz auserwählten. Später, wie um ihn eine größere Stadt entstand, nannten ihn die Leute „Am Ring“. Wahrscheinlich taten sie es deshalb, weil sie das noch einzeln stehende Rathaus frei umrunden konnten. In den nachfolgenden Jahrzehnten zugebaut, hießt der Platz bis 1889 „Am Altmarkt“, danach nur noch „Altmarkt“. Zu DDR-Zeiten bezeichnete man ihn als „Platz der Befreiung“ und nach 1990 bekam er seinen alten Namen zurück.

Markt um 1830

Markt 1917

Markt 2021

Wie Phönix aus der Asche - der neue Markt

So alt und traditionsreich der Name, so dringend war nach der Wende die Sanierung des Platzes. Ende der 1990er Jahre fasste der Stadtrat dazu einen Beschluss. Infolgedessen wurde der gesamte Boden aufgegraben. Neue Kanalrohre kamen unter die Erde und darüber, denkmalgerecht und parallel verlegt, böhmisches Pflaster. Auf eine Bepflanzung und Bebauung, bis auf den historischen Brunnen sowie zwei Kandelaber, verzichteten die Planer. Der Rundblick auf die einzigartige Architektur sollte erhalten bleiben. Diese übrigens verdankt der Altmarkt Löbau dem großen Stadtbrand von 1710. An der Westseite inklusive des Rathauses stehen nämlich barocke Gebäude und im Gegensatz dazu an den anderen Seiten Bürgerhäuser. Das hängt damit zusammen, dass reiche Kaufleute an den Brandstellen ihre neuen Häuser errichteten. Die giebelständigen Bauten an der Süd- sowie Ostseite blieben vorerst erhalten und sind erst im Laufe des 19. Jahrhunderts durch Traufständige ersetzt worden.

Altmarkt Südseite

Altmarkt Nordseite

Altmarkt Ostseite

Altmarkt Westseite

Das schönste Rathaus Sachsens

Der ultimative Blickfang am Altmarkt Löbau ist das Rathaus. In den Jahren 1711 bis 1714 hat es der Zittauer Baumeister Prescher wiederaufgebaut. Gut wie die Betrachter finden, denn für sie ist es das schönste Rathaus Sachsens. Die beste (Foto)Sicht auf Turm und Sonnenuhr hat man nebenbei bemerkt vom Mondstein aus. Die Bauleute haben ihn auf der östlichen Hälfte des Marktes ins Pflaster eingefügt. Der Stein heißt deshalb so, weil Besucher an dieser Stelle im optimalen Sichtwinkel zur Mondphasenkugel stehen. Diese ragt im oberen Teil des Turmes aus dem Mauerwerk, um exakt den Stand unseres Erdtrabanten anzuzeigen. Dem sogenannten Juden bzw. Judutekopf scheint das zu gefallen. Gelassen schaut er aus der Rathausuhr und macht alle Viertelstunden den Mund auf und zu. Nicht nur ihm geht das so. Auch die Gäste bleiben auf dem Markt immer wieder staunend stehen. Und das liegt nicht allein am Turm, sondern ebenso am prächtig vergoldeten Stadtwappen sowie dem kurfürstlich sächsischen und königlich polnischen Doppelwappen über der Eingangstür.

Das schönste Rathaus Sachsens

Königlich Polnisches-, Sächsisches- und Stadtwappen

Rathausturm mit Mondphasenkugel, Uhr und Sonnenuhr

Eingang zum Ratskeller

Mondstein in der Osthälfte des Marktes

Ein goldenes Schiff zeugt vom Überseehandel

Haus Goldenes Schiff

Goldenes Schiff mit Spruch

Trotz des Rathauses sind auch die links neben ihm stehenden Gebäude ein Hingucker. Als erstes fällt dabei das sogenannte Goldene Schiff ins Auge. In den Jahren 1733 bis 1735 vom Kaufmann Lücke erbaut, zählt das barocke Haus heute zu den wertvollsten Baudenkmälern der Stadt. Stolz zeugt die an der Fassade leuchtende Kogge von den Handelserfolgen des Hausherren in der  ganzen Welt. Über den goldenen Segeln hat er den Bibelspruch: „NON DORMIT QVI GISTO DIT“ einmeißeln lassen. Sinngemäß übersetzt: „Der über dich wacht, schläft nie“, heißt, dass er sich auf allen Wegen unter der Obhut Gottes wähnte. Auch über das zirka 100 Jahre später im Haus befindliche Hotel hielt er seine schützende Hand. Der Besitzer machte am Markt gute Geschäfte und konnte das Anwesen nach hinten ausbauen. So kam im Obergeschoss beispielsweise ein Tanzsaal mit Galerie dazu. Nachdem die Stadt 1921 das Gebäude übernommen hatte, nutzte sie den Raum als Stadthaussaal und später als Bücherei. Da lange Jahre vergingen, ohne dass jemand am Haus etwas machte, zeigte es mit der Zeit beträchtliche Schäden. Deshalb übernahm die Wohnungsverwaltung und Bau GmbH den Gebäudekomplex und baute ihn zwischen 2014 und 2016 um und aus. Nach erfolgreichem Abschluss der Arbeiten zogen hier erneut die Bibliothek und Teile der Stadtverwaltung ein.

Das Haus des Christian Schlockwerder

Haus Schlockwerder

Fassade Haus Schlockwerder

Nicht minder betucht als Kaufmann Lücke, der Erbauer des Goldenen Schiffes, war dessen ‚Kollege‘ Christian Schlockwerder. Er war ein fleißiger Mann, dem es geradezu in die Wiege gelegt schien, neues zu erschaffen. Nicht nur, dass er mit 4 Ehefrauen 22 Kinder zeugte, nein,
auch gleich nach dem Großen Feuer von 1710 fing er an, Zerstörtes wieder aufzubauen. Auf den Grundmauern einer Brandruine errichtete er sein Wohn- und Geschäftsdomizil. Entsprechend der Stilepoche tat er das in barocker Bauweise. Von der ist am Haus allerdings nicht mehr viel zu sehen. 1872 ließ Bankier Heydemann das Haus umbauen und bei der Gelegenheit die Fassade zum Altmarkt Löbau überformen. Seither kannten die alten Löbauer das Haus Schlockwerder in dieser Gestalt als Bank. Erst unter dem Namen G. E. Heydemann – Bank und Kommanditgesellschaft und nach dem 2. Weltkrieg für kurze Zeit als Sächsische Landeskreditbank. In den darauf folgenden Jahren nutzte die Stadt Löbau das Gebäude für Verwaltungszwecke, bis es 2016 die Wohnungsgenossenschaft Löbau eG erwarb. Ab Oktober begann sie das Haus mit Unterstützung des Bundes, des Landes sowie der Stadt zu sanieren. Seit August 2018 ist sie damit fertig und hat jetzt ihre Büros im Obergeschoss eingerichtet. Unten dürfen sich die Löbauer über das neue Ladenlokal des Schreibwarengeschäftes DIGS freuen.

Das Haus Bretschneider im neuen Glanz

Haus Bretschneider

Gusseiserner König-Friedrich-August-Turm

Auch der Spender des Gusseisernen Turmes hat am Altmarkt seine Spuren hinterlassen. Obwohl Friedrich August Bretschneider als gebürtiger Delitzscher kein waschechter Löbauer war, schlug sein Herz leidenschaftlich für die Stadt. Spontan und quasi auf den letzten Drücker, entschloss er sich Ende 1853, den Löbauern diese Aussichtsplattform zu schenken. Was er nicht wissen konnte: Heute existiert kein gleichartiges Objekt mehr auf der ganzen Welt. Bezahlen konnte er den Bau des Turmes damals locker. Als Angehöriger der Braukommune und am Markt ansässiger Bäckermeister war er ein reicher Mann. Im Jahre 1862 brannte jedoch sein Haus mit einigen anderen an der Ostseite des Altmarktes ab. Den Wiederaufbau hat er kaum erlebt, denn Bretschneider verstarb am 22. Juli 1863. Schade, denn er wäre stolz gewesen, was sein Sohn und nachfolgende Generationen aus ihm machten. So haben die Maler bei der Rekonstruktion des Gebäudes an den Wänden des Hallenflures beispielsweise diverse Texte aus den Turmtafeln aufgetragen. Darunter sein Motto: „Je weiter der Blick, desto freier das Herz“. In den vergangenen zwei Jahren ließ der jetzige Besitzer diese Bilder noch einmal ausbessern. Ebenso reparierte er die Fassade und brachte zum Hof hinaus Balkone an.

Rathaus mit Nikolaistraße im Wandel der Zeit

Blick um 1850

Blick um 1936

Blick 2021

Die anderen Ausgänge des Marktes

Sechsstädtebrunnen mit Badergasse

Innere Bautzener Straße

Innere Zittauer Straße

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Das Buch mit Geschichten aus Löbau

Arnd Krenz
Auf historischen Pfaden
VERRATENE LIEBE
Geschichten und Sagen aus Löbau
Erschienen im Litte-Verlag

Inhalt:

  • Verratene Liebe
  • Wie der deutsche Kaiser auf dem Bahnhof Löbau nur knapp mit dem Leben davonkam
  • Ausgebrannt und obdachlos – das große Feuer vor über 300 Jahren
  • Wie in Löbau das Elektrozeitalter begann
  • Bleihaltige Luft
  • Die Katastrophe am Neujahrstag
  • Das Martyrium eines Blödsinnigen
  • Die schwere Geburt eines Turmes
  • Falschmünzer und Enfaltspinsel
  • Blumen für den Führer
  • Ein Selbstmord im Löbauer Stockhaus
  • Das grausige Ende eines Rittergutsbesitzers
  • Die Sage vom Geldkeller
  • Die Sage vom feurigen Hund
  • Die Sage von der Wunderblume

Weitere Bücher aus Löbau und der Oberlausitz