„Im traurigen Monat November wars“ – könnte man Heinrich Heine zitieren, als Bürgermeister Rainer Simmang und Karin Schönlebe 1984 auf einen Ortstermin im Friedenshain Löbau zusammenkamen.
„Löbau Ost wurde gerade erbaut und der Stadtpark war eine Ruine“, erinnert sich Frau Schönlebe.
Gestrüpp, Unrat und jede Menge kaputte Bäume luden niemanden mehr zu einem Spaziergang in den einst schönen Friedenshain Löbau am Fuße des Stadtberges ein. Die jahrzehntelange Vernachlässigung hatte sich gerächt. Sofortiges Handeln tat bitter Not. Bürgermeister und Rat der Stadt schenkten der jungen Gartenbaumeisterin das Vertrauen und übergaben ihr das Objekt in persönliche Pflege. Frau Schönlebe stürzte sich in die Arbeit, vermaß das gesamte Areal und kramte die alten Pläne des früheren Parkgestalters Sperling hervor.
Lange bevor der Görlitzer Garteninspektor Sperling im Juli 1895 von Löbau den Auftrag erhielt, eine parkartige Anlage zu entwerfen, stritten die Stadtverordneten heftig um das Wie und die Größe eines solchen Vorhabens. Konzipieren sollte sie Sperling zum Andenken an den Sieg der deutschen Truppen über die Franzosen im September 1870 in Sedan. Beschlossene Sache war, dass zum 25. Jahrestag dieses Ereignisses hiesigen Orts ein Denkmal her musste. Viele meinten, ein einfacher Gedenkstein innerhalb der Stadt würde seinen Zweck erfüllen und vor allem der Stadtkasse gut tun. Dennoch setzte sich der Vorschlag von Bürgermeister Mücklich durch, einen einzigartigen Siegeshain mit Obelisken am damals so genannten „Langen Rain“ anzulegen. Mücklich meinte:
„Löbau dürfe nicht einfach einen Abklatsch eines anderen Denkmals errichten, auch würde der Berg durch das Anlegen einer solchen Anlage unmittelbarer mit der Stadt verbunden, ihr näher gerückt und somit ein richtiger Stadtpark geschaffen werden“.
Die Finanzierung des Parkes war allerdings vakant. Stolze 7.000 Mark würde laut Voranschlag das gesamte Projekt verschlingen. Damals viel Geld, das die Kommune nicht aufbringen konnte. 2.000 Mark wollte sie geben – den Rest mochte die Bevölkerung beisteuern. Zu diesem Zweck stellte die Stadt überall Spendentöpfe auf, auch das Stadtfest am 2. September 1894 sollte zusätzlich zum Besten der Parkanlage abgehalten werden. 3.213 Mark und 13 Pfennige kamen dabei zusammen. Ergo mit den 2.000 Mark aus dem Stadtsäckel zu wenig, sodass der Rat die Kröte schlucken und weitere 2.000 Mark bewilligen musste, um das Prestigeobjekt zu bezahlen.
Nachdem am 2. September 1895 die Siegessäule eingeweiht war, gingen auch die vorbereitenden Arbeiten zur Anlage des dazugehörigen Siegeshaines zügig voran. Sperling riet, wegen der Trockenheit im Jahr und weil der eingeebnete Boden noch durchwintern musste, mit der Bepflanzung erst im nächsten Frühjahr zu beginnen. Die Bestellung der Koniferen, Bäume und anderer Pflanzen behielt er sich selbst vor.
Mitte Juni 1896 beendete Sperling seine Mission. Er übergab den frischbepflanzten Park dem Stadtgärtner Halfter – wie er sagte,
„für die Zukunft … der fleißigsten und wachsamsten Pflege und Beaufsichtigung“.
Liebevolle Hände umsorgten in den folgenden Jahrzehnten die Anpflanzungen und zogen den Park zur vollen Schönheit auf. Zwei Weltkriege überstand der Hain fast unbeschadet. 1946 jedoch wurde aus dem Siegeshain Löbau der Friedenshain Löbau und er verfiel. Jedenfalls bis zu dem Tag, an dem Frau Schönlebe ihn 1984 aus seinem ‚Winterschlaf‘ holen sollte.
Jeder, der heute mit offenen Augen durch den Friedenshain Löbau geht, wird bestätigen – sie hat mit ihren Mitarbeitern und vielen tüchtigen Helfern in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet. So zum Beispiel räumten 1984 Offiziersschüler in über 4000 Arbeitsstunden Äste und Baumwurzeln beiseite und legten die große Festivalblume am ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Denkmal an. Im selben Jahr wurden neue Rhododendren gepflanzt und die ersten Linden zur Neuaufforstung angefahren.
Die Einwohner machten den Friedenshain Löbau zu ihrer Herzenssache. Zu sehen war das bereits im September 1985, als 160 Bürger (Mitarbeitern des Rates der Stadt, Kameraden der Feuerwehr und sogar 24 Werktätige aus Polen) zum Herbstputz vor Ort antraten. Ebenso waren es 19 Volkskünstler; die ihren Teil beitrugen. Sie schlugen im Mai 1986 während einer Werkstattwoche ihre Phantasien in Holz. Plastiken wie die des Löbauers Dieter Strahl „Geborgenheit“ oder „Die Heraustretende“ von Erwin Czmiel verliehen dem Friedenshain Löbau zusätzlich ein künstlerisches Ambiente.
Auch in den Jahren nach der politischen Wende war sich die Stadtverwaltung darüber im Klaren, dass gepflegte Anlagen nicht nur einen Erholungswert haben, sondern gleichfalls für das ökologische Gleichgewicht unverzichtbar sind.
Die wertvollen Blutbuchen zum Beispiel, der große Silberahorn im oberen Bereich des Parkes oder die pyramidal wachsende Ulme sind botanische Kostbarkeiten. Sie machen den Friedenshain Löbau einzigartig und anziehend. Genauso wie Mücklich sich die Anlage vor 130 Jahren zum Wohle zukünftiger Generationen dachte:
„Wir dürfen nicht selbstsüchtig sein“, sagte er, „wenn es gilt etwas Dauerndes und wirklich Schönes zu schaffen, nicht selbstsüchtig darauf sehen, ob wir selbst die Vorteile unserer Arbeit genießen können“.
„Und da man annehmen darf“, so Mücklich weiter, „dass unsere Nachkommen keine Vandalen sein und den Hain abschlagen, ihn vielmehr pfleglich unterhalten werden, so wird er das Gedächtnis der Siege unseres Heeres und der Schöpfer der Anlage durch Jahrhunderte hindurch besser fortpflanzen“.
Gegenwärtig sind wir die Nutznießer seines Engagements. Auch wenn die meisten beim Spaziergang durch den Hain nicht mehr an die Siege der deutschen Armee denken, sagen wir trotzdem danke an alle, die den Park angelegt, wiederhergestellt und bis heute erhalten haben.