Bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges zelebrierten die Deutschen ihren Nationalfeiertag am 2. September. An diesem Tag gedachten sie dem Sieg des kaiserlichen Heeres über die Franzosen 1870 bei Sedan. Die Gefangennahme Napoleons III. besiegelte damals die Niederlage Frankreichs und machte den Weg frei zu einem einheitlichen Deutschen Kaiserreich.
Unsere Vorfahren feierten diesen Tag als Sedantag. So auch an jenem Septembertag des Jahres 1895. Für die Löbauer stand er diesmal unter gleich zwei Vorzeichen. Zum Ersten war er der 25. Jahrestag der Schlacht und zum Zweiten schickten sie sich heute an, in Erinnerung an das ruhmreiche deutsche Heer am Fuße des Hausberges die Siegessäule Löbau einzuweihen. Die Idee, ein solches Denkmal aufzustellen, kursierte bereits viele Jahre in den Köpfen der Bürgerschaft. Wollte man doch anderen Gemeinden, die längst entsprechende Erinnerungsstätten besaßen, nicht nachstehen. Nur fehlte es immer, wie so oft, am lieben Geld. Auch über den Aufstellungsort und die Ausführung der Siegessäule Löbau gab es Streit. Letztlich setzte sich der Vorschlag von Bürgermeister Mücklich durch, einen Siegeshain mit Säule am sogenannten „Langen Rain“ anzulegen. Mit der Fertigstellung des 13 Meter hohen, aus Meißner Granit bestehenden, Obelisken beauftragte die Stadt die Löbauer Syenit- und Granitwarenfabrik Hedwig Agnes Kloß.
Bereits am 31. August eröffnete den Sedantag 1895 ein einstündiges Glockengeläut. Gleichzeitig brachten im überfüllten Wettiner Hof der Männergesangsverein und diverse Redner patriotische Lieder sowie Vorträge zu Gehör. Schon an diesem Sonnabend schmückten zahlreiche Fahnen, Girlanden und Kränze die festlich herausgeputzte Stadt. Auch der Sonntag stand ganz im Zeichen des bevorstehenden Feiertages. Am Vormittag bereiteten sich die Eleven des Lehrerseminars sowie der Real- und Bürgerschule auf das Ereignis vor. Nicht weniger die Bürger der Stadt: Bei Konzertmusik und Schießwettbewerben freuten sie sich mit Bier und Wein auf den morgigen Tag. Wer an ihm ausschlafen wollte, hatte jedoch schlechte Karten. Bereits in der Frühe um 6 Uhr rissen Böller die Menschen unsanft aus ihren Federn. Es folgte der obligatorische Festgottesdienst in der Nikolaikirche und danach gab es für alle eine zünftige Platzmusik auf dem Altmarkt.
Um 1 Uhr am Nachmittag war es endlich soweit. Der aus Honorigkeiten und Vereinen bestehende Festzug marschierte durch die Hauptstraßen und dann über den Langen Rain hinauf zur neu aufgestellten Siegessäule Löbau. Ganz vorn dabei natürlich die Veteranen von 1870/71. Angekommen hörten sie die patriotische Weiherede von Primarius Dr. Katzer und sahen anschließend die Hüllen des Denkmals fallen. Nachdem Beifall und Jubelrufe langsam versiegten, übernahm Bürgermeister Müklich die Siegessäule Löbau mit den Worten:
„Im Namen meiner Mitbürger übernehme ich dieses Denkmal in die Obhut und den Schutz der Stadt, um es künftighin zu behüten und zu pflegen im Auftrage und in Stellvertretung derer, die es errichtet haben.“
Diesen Ausführungen gab es nichts hinzuzufügen. Ein dreifaches Hoch auf Kaiser und Reich, König, Vaterland sowie die Stadt beendeten den Akt. Wie konnte es anders sein, marschierten am Schluss alle auf die nahegelegene Schießwiese (heute Stadion), um bis in den späten Abend hinein zu feiern.
Die Tafeln unten am Säulenschaft sowie die Inschriften am Fuße des Monuments hat die Stadt, dem Zeitgeist folgend, entfernt. Übrig geblieben ist lediglich die Platte an der Südseite der Siegessäule Löbau. Zu wünschen wäre, wenn eines Tages die Siegessäule Löbau wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden könnte. Geschichte ist nun mal Geschichte und die Ursache unseres gesellschaftlichen Daseins. Wir haben sie zu akzeptieren und müssen uns mit ihr auseinandersetzen. Sie zu verstecken, zu verleugnen oder uns bis in alle Ewigkeit für sie zu schämen, ist (nach Meinung des Autors) fehl am Platz. Nur wer seine Vergangenheit kennt und sie verstanden hat, wird selbstbestimmt seine Zukunft meistern. In diesem Sinne lasst uns, wie Bürgermeister Mücklich sagte, die Säule behüten und pflegen, auf dass sich noch viele Generationen an die erste Vereinigung der Deutschen, an die Gründung des Deutschen Kaisereiches, erinnern.
Einige Bilder stammen von Peter Emrich. Bitte besuchen Sie auch seine Seite: loebaufoto.de